Kritik der strafrechtlichen Lehrmeinungen
Abstract
Die Strafrechtslehre hat den von ihr zu Recht geforderten „Abschied von Kant und Hegel“ (Ulrich Klug) bzw. die Hinwendung zu einem „nachmetaphysischen Strafrecht“ bisher nicht vollzogen. Den Zusammenbruch der Philosophie (Hans Welzel) hat sie nicht internalisiert. Sie verlässt nach wie vor auf rechtsphilosophischen Abwegen den ihr verfassungsrechtlich vorgegebenen Rahmen ‚nulla poena sine lege‘, versteigt sich in Bezüge zur Ethik, versteckt ihre damit verbundenen wissenschaftstheoretischen Probleme hinter dem nebulös bleibenden Schlagwort „Normwissenschaft“ und sucht ihre Grundlagen nicht in den realen Gegebenheiten (mit denen sich die Kriminologie immerhin beschäftigt), sondern ist nach wie vor in der idealistischen Philosophie bzw. deren Relikten verhaftet.
In den seit mehr als 100 Jahren ausufernden Diskussionen über die Strafzwecke, mit dem alle Strafrechtslehren fälschlicherweise ansetzen, fehlt meist der wichtigste Aspekt, nämlich die staatsrechtliche Verankerung der Strafrechtslehre (vorsichtig angedeutet von Fritjof Haft, für das Verfassungsrecht überzeugend von Otto Lagodny In Angriff genommen; eine staatstheoretische Absicherung anhand der Staatsaufgabenlehre gibt es jedenfalls im Strafrecht soweit ersichtlich nicht).